Demo zur AEG und – zur Maikäferkaserne.

„In den frühen Morgenstunden des 9. November 1918 versammelten wir Jugendlichen uns in dem Jugendheim Brunnenstraße und marschierten nach einem kurzen Information zusammen mit unserem Jugendfreund Erich Habersaath und revolutionären Arbeitern und Arbeiterinnen von dort aus zum Betrieb AEG in der Brunnenstraße. An der Spitze des Zuges gingen vor allem die Jugendlichen sowie Arbeiter und desertierte Soldaten in Zivilkleidung, die bewaffnet waren. Wir führten rote Fahnen und Transparente mit, die die Beendigung des Krieges forderten.
Bei der AEG angekommen, stellten wir uns längs des Fabrikgebäudes in der Voltastraße auf. Dort versuchten unsere Vertrauensleute, Verbindung mit den Vertrauensmännern dieses Betriebes zu bekommen, um die Arbeiter zu bewegen, die Arbeit niederzulegen und sich unserer Demonstration anzuschließen. Die Verhandlungen dauerten eine ganze Weile. Inzwischen hatten viele russische Kriegsgefangene, die in den obersten Stockwerken der Fabrik arbeiteten, unsere Demonstration auf der Straße gesehen und winkten uns freudig bewegt zu.
Nach längeren Unterredungen und Verhandlungen war es den Vertrauensmännern gelungen, die AEG-Arbeiter und –Arbeiterinnen von der Richtigkeit unserer Aktion zu überzeugen und sie zur Niederlegung der Arbeit zu bewegen. Sie strömten aus dem Fabrikgebäude und schlossen sich unserem Demonstrationszug an. Gemeinsam ging es zu dem in der Nähe gelegenen Betrieb Berliner Maschinenbau AG (L. Schwartzkopff) in der Scheringstraße. Hier hatten unsere Vertrauensmänner schon gute Vorarbeit geleistet, und nachdem ein Arbeiter auf dem Hof eine zündende Ansprache gehalten und den Zweck unserer Demonstration erläutert hatte, legten die Arbeiter gleichfalls die Arbeit nieder und reihten sich in unsere Demonstrationszug ein.
Wir waren ein mächtiger Demonstrationszug geworden, der durch die Ackerstraße über den Pappelplatz zur Invalidenstraße marschierte. Unbehelligt von der Polizei gelangten wir zur Maikäfer-Kaserene in Chausseestraße …
Das Tor war natürlich stark bewacht. Als Verhandlungen mit den Torwachen ergebnislos waren, wurde versucht, das Tor mit Gewalt zu öffnen. Offiziere provozierten eine Schießerei, wobei einige Arbeiter verletzt wurden. Darunter befand sich auch unser Jugendgenosse Erich Habersaath, der an den schweren Verletzungen kurze Zeit später verstarb.

Bericht Anne Rehmer zu Erich Habersath in Berliner Leben 1914-1918, Dieter und Ruth Glazer, Berlin 1963

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