Buch: „…alle Macht den Räten“

 

Bodoni Buch kl

ISBN 978-3-940781-97-0

 

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V o r w o r t

Vor 100 Jahren wehten rote Fahnen über vielen deutschen Städten. Am 9. November 1918 hatte die Novemberrevolution schließlich auch die deutsche Hauptstadt erfasst. Ihren Ausgangspunkt hatte sie Wilhelmshaven. Dort weigerten sich die Matrosen der Hochseeflotte am 29. Oktober, in einer militärisch sinnlosen Seeschlacht gegen die Royal Navy verheizt zu werden. Sie verweigerten den Befehl, hissten auf ihren Schiffen die rote Fahne und entwaffneten die Offiziere. Von hier aus breiteten sich revolutionäre Aktivitäten in rasender Eile nach Kiel, Hamburg und schließlich auch nach Berlin aus, wo Karl Liebknecht und Philipp Scheidemann am 9. November die Republik ausriefen. In Bremen und München entstanden Räte-Republiken. Der Kaiser dankte ab und eilte in sein holländisches Exil. Es folgt die Installierung des „Rates der Volksbeauftragten“, der Funktionen einer Reichsregierung wahrnehmen sollte, sowie am 11. November der Waffenstillstand mit den Alliierten.
Doch in den folgenden Wochen erwies sich, dass die gegenrevolutionären Kräfte keineswegs von der Bildfläche verschwunden waren. Nach einer kurzen Phase des Innehaltens formierten sie sich neu und bekämpften politisch, ideologisch, aber nicht zuletzt mit brutaler Gewalt, auch mit dem Mittel des politischen Mordes, die neue Ordnung und ihre Repräsentanten. Vor allem waren es zwei Charakteristika der Revolution, die sie nicht ruhen ließen.
Zum einen die populäre, weit über die Arbeiterschaft hinaus reichende Forderung nach einer Sozialisierung der Schlüsselindustrien, deren baldige Realisierung bevorzustehen schien.
Zum anderen die überall entstehenden Räte als neue, basisdemokratische Instrumente der Machtausübung des Volkes. In den Novembertagen 1918 schien es so, als ob sie den Nukleus der künftigen staatlichen Ordnung bilden könnten.
Und besonders um die Räte ging es beim öffentlichen Symposium „Die Novemberrevolution und ihre Räte 1918“, das am 9. Mai 2018 vom Förderkreis Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung e. V. und vom Zeitgeschichtlichen Archiv e. V. in Berlin-Marzahn veranstaltet wurde.
Etwa 100 Interessierte folgten den Referaten von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich zu unterschiedlichen Fragen der Revolution äußerten. Die Räte und ihre Bedeutung für die Revolution sowie für die politischen Auseinandersetzungen bis zum Jahre 1920, die „zweite Phase der Revolution“, bildeten dabei gleichsam den roten Faden.
Im vorliegenden Band werden die Beiträge dieses Symposiums abgedruckt, ergänzt durch Aufsätze von Historikern, die aus Zeitgründen am 9. Mai nicht zu Wort kommen konnten. Die Vielzahl der behandelten Themenstellungen, zum Beispiel zur Rolle der Frauen in den Räten, zur Lokalgeschichte der Revolution sowie zu den Aktivitäten der Konterrevolution, ergeben ein lebendiges und differenziertes Bild der revolutionären Ergebnisse jener Zeit und zur Bedeutung der Räte für die damals handelnden Akteure.
Wir hoffen, damit einen Beitrag zur öffentlichen Auseinandersetzung über den Platz der Revolution in der deutschen Geschichte und ihr bis heute fortwirkendes Erbe unterbreiten zu können. Auf ein kritisches Echo von Seiten der Leserinnen und Leser würden sich Herausgeber, Autoren und Verlag freuen.
Schließlich sei hervorgehoben, dass die Herausgabe dieses Tagungsbandes nur möglich wurde durch die materielle, unbürokratische Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung e. V. (RLS). Dafür gilt ihr unser herzlicher Dank. Ebenso ist dem Berlin-Brandenburger Bildungswerk e. V. (BBB) und seinen Mitarbeitern, Dank abzustatten für die vielfältige Hilfe bei der Vorbereitung und Durchführung des Symposiums. Wegen dieser Unterstützung der RLS und des BBB konnte das Symposium vom ZGA und dem Förderkreis Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung erfolgreich durchgeführt sowie der vorliegende Band einem interessierten Publikum vorgelegt werden.
Zu danken gilt es ferner dem Verlag edition bodoni, der den Tagungsband als Band 3 in seine Reihe „Zwischen Revolution und Kapitulation – Forum Perspektiven der Geschichte“ aufnahm. Dr. Christa Kouchil und Marc Johne haben in gewohnter Weise den Band lektoriert und für den zügigen Druck gesorgt.
Abschließend sei auf die Internet-Seiten www.novemberrevolution1918.de des Zeitgeschichtlichen Archivs e. V. hingewiesen, die ergänzende Informationen, darunter eine ausführliche Chronik der revolutionären Ereignisse jener Zeit und wichtige Dokumente zur Geschichte der Revolution, zur Verfügung stellen.

Reiner Zilkenat